Expertenrat für Eltern und Erzieher: Enuresis (nächtliches Einnässen bei Kindern) 
verstehen und unterstützen

 

Was ist Enuresis?

Nächtliches Einnässen – medizinisch Enuresis genannt – betrifft viele Kinder und ist für Familien oft eine große Belastung. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) stuft Enuresis ab dem fünften Lebensjahr als behandlungsbedürftig ein, sofern organische Ursachen ausgeschlossen wurden.

Die Internationale Gesellschaft für kindliche Kontinenz (ICCS) spricht von Enuresis, wenn:

das Kind mindestens fünf Jahre alt ist,

mindestens zweimal pro Monat nachts einnässt,

körperliche Erkrankungen ausgeschlossen sind.

Zwei Formen von Enuresis

 

Primäre Enuresis 

Diese liegt vor, wenn ein Kind noch nie länger als sechs Monate durchgehend trocken war. Meistens sind betroffene Kinder tagsüber trocken, nässen aber nachts regelmäßig ein. Häufige Merkmale:

sehr tiefer Schlaf

schwer weckbar

vermehrte nächtliche Urinproduktion

keine Tagesinkontinenz

keine körperlichen Ursachen oder psychischen Belastungen

 

Sekundäre Enuresis

Hier beginnt das Einnässen erneut, obwohl das Kind schon länger trocken war. Ursachen sind oft emotionale Belastungen wie die Geburt eines Geschwisterkindes, Schulstress oder familiäre Veränderungen. Seltener sind körperliche Auslöser beteiligt. Eine ärztliche Abklärung ist bei anhaltenden Symptomen wichtig.

Verbreitung: Kein Einzelfall

Viele Familien sind betroffen, auch wenn selten darüber gesprochen wird:

15 % der Kinder über fünf Jahren nässen regelmäßig nachts ein.

Bei Siebenjährigen sind es etwa 10 %, bei Zehnjährigen noch 7 %.

Jungen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Mädchen.

Auch 1–2 % der Jugendlichen und Erwachsenen kämpfen noch mit nächtlichem Einnässen.

Bei Vierjährigen gilt nächtliches Einnässen noch als normaler Entwicklungsschritt.

Das Thema ist also weit verbreitet – aber behandelbar.

Einfühlsamer Umgang: Was Eltern und Erzieher tun können

Enuresis ist nie die Schuld des Kindes. Der richtige Umgang entscheidet darüber, wie belastend die Situation erlebt wird.

 

Empfehlungen:

Keine Strafen oder Schimpfen: Kinder nässen nicht absichtlich ein. Schuldzuweisungen verstärken nur den Druck.

Ruhe bewahren: Zeigen Sie Verständnis, auch wenn das Einnässen regelmäßig auftritt.

Alltag erleichtern: Schützen Sie Matratzen mit wasserdichten Unterlagen. Das reduziert Stress bei nächtlichen Unfällen.

Beteiligung fördern: Größere Kinder können helfen, das Bett neu zu beziehen – ohne Vorwürfe, sondern als Teil eines natürlichen Umgangs.

Vertrauen schenken: Signalisieren Sie dem Kind, dass es Unterstützung erhält – zu Hause, im Kindergarten oder in der Schule.

Kindgerecht erklären: „Nachts ins Bett gemacht – Was jetzt?“

Es ist wichtig, dass Kinder sich verstanden fühlen. Folgende kindgerechte Informationen können Eltern oder Erzieher einfühlsam weitergeben:

„Du bist nicht allein! In einer Schulklasse mit 30 Kindern geht es zwei bis drei Kindern genauso wie dir. In ganz Deutschland betrifft es über 600.000 Kinder – das wären genug, um mehrere große Fußballstadien zu füllen!“

„Viele Kinder schaffen es jedes Jahr, trocken zu werden – auch du wirst das. Bis dahin helfen dir spezielle Höschenwindeln (z. B. DryNites), die wie Unterwäsche aussehen. So brauchst du dir keine Sorgen zu machen – auch nicht bei Klassenfahrten oder Übernachtungen.“

„Eine Windel ist nichts, wofür man sich schämen muss. Sie ist wie ein Pflaster – eine praktische Hilfe, bis alles wieder gut ist.“

Diese Art der Kommunikation kann das Selbstwertgefühl stärken und das Vertrauen fördern.

Der nächste Schritt: Ärztliche Abklärung & Blasentagebuch

Wenn ein Kind über fünf Jahren regelmäßig einnässt, ist ein frühzeitiger Besuch beim Kinderarzt sinnvoll. Je früher eine gezielte Behandlung beginnt, desto größer die Chance auf eine dauerhafte Lösung.

 

Empfehlung: Blasentagebuch führen

Ein Blasentagebuch hilft, die Ursachen besser einzugrenzen. Darin werden eingetragen:

tägliche Trinkmenge

Uhrzeiten der Toilettengänge

nächtliches Einnässen

eventuelle Besonderheiten (z. B. sehr große Urinmengen)

So lassen sich Hinweise auf Blasenreifung, Hormonhaushalt (z. B. ADH-Mangel) oder unregelmäßige Trinkgewohnheiten erkennen.

Fazit für Eltern & Fachkräfte

Enuresis ist ein häufiges, behandelbares Problem. Für Kinder ist es wichtig zu spüren, dass sie ernst genommen und nicht verurteilt werden. Ein liebevoller, strukturierter und geduldiger Umgang – unterstützt durch ärztliche Beratung und alltagsnahe Hilfsmittel – kann die Belastung deutlich reduzieren.

Mit Offenheit, Wissen und Empathie kann jede Familie

 diesen Weg erfolgreich bewältigen – 

gemeinsam mit dem Kind.

©Andreas Südfeld. Alle Rechte vorbehalten.

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